Mangel an Liebe, Mangel an Logik: Der »Tatort« folgte der Ermittlerin in persönliche Abgründe – und vernachlässigte dabei den eigentlichen Fall. Oder sind Sie anderer Meinung?

»Auch zu wenig Liebe verfolgt dich für immer.« Mit diesen letzten Worten von Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) ans Publikum schloss der Bremer »Tatort«, in dem es tatsächlich vorrangig um den Mangel an Nähe und Geborgenheit ging, den die Ermittlerin einst in ihrer Kindheit erfahren hatte. Der eigentliche Kriminalfall um eine durch Kopfschuss getötete Frau und ihre beiden entführten Kinder geriet durch die Persönlichkeitskrise der Kommissarin in den Hintergrund.

In unserer Kritik schrieben wir: »Aus heiterem Himmel findet die Polizistin eine Luke im Zimmerboden oder eine Tür zu einem Keller, auf dass sie mit der Kollegin Linda Selb (Luise Wolfram) tiefer zum Rätsel des Mordes vordringen kann – und auf diese Weise eben auch tiefer zum Rätsel ihrer Kindheit. Schon klar, die Kommissarin, die als Mädchen möglicherweise einem Missbrauch oder einer Misshandlung zum Opfer gefallen ist, muss Tore und Türen zu ihrer Erinnerung finden, um zum Ursprung ihrer eigenen Versehrtheit zu gelangen. Dass sich eine Ermittlerin im Verbrechen selbst findet, ist spätestens seit ›Das Schweigen der Lämmer‹ ein etablierter Kniff im Thriller-Genre. Er wird in diesem ›Tatort‹ allerdings so sorglos extensiv eingesetzt, dass beständig die Erzählebenen durcheinander geraten und der naturalistische Recherchekrimi mit dem Traumathriller kollidiert.«

Regisseurin Anne Zohra Berrached hat auch gleich noch den Dresdner »Tatort« gedreht, der nächsten Sonntag läuft. Auch darin dient das Verbrechen an einer Frau als Spiegel der Gewalterfahrungen, die eine der Ermittlerinnen in ihrer Kindheit gemacht hat. Läuft nächste Wochenende also nur ein Aufguss des Krimis von diesem Wochenende? Keineswegs: Berrached, die durch ihr Schwangerschaftdrama »24 Wochen« bekannt geworden ist, variiert den Stoff geschickt und ringt ihm dann wirklich unerwartete Facetten ab.

Ein weiterer Bremen-»Tatort«, der vierte des relativ neuen Weser-Teams, muss erst noch gedreht werden. Die Planung läuft; nach Aussage der Redaktion sollen Moormann und Selb dann wieder auf den von Dar Salim gespielten dänischen Kollegen Mads Andersen treffen. Salim hatte andere Drehverpflichtungen und konnte deshalb bei »Liebeswut« nicht dabei sein. Mögliche Terminkollisionen waren ja schon in der Mockumentary »How to Tatort« vor Start des Teams ironisch thematisiert worden. Dass der internationale Fernsehstar Dar Salim (»Game of Thrones«) und der deutsche Bühnenstar Jasna Fritzi Bauer gelegentlich Zeitprobleme haben könnten, hatte die Redaktion bei der Konzipierung der Bullen-Hipster-Truppe eingeplant.