Clarence Briggs stand am Rand des Rasens und betrachtete das einstmals gepflegte Blumenbeet. Die Tulpenstiele waren zerdrückt, die Erde aufgerissen und die Blütenblätter wie Konfetti über den Rasen verstreut. Gerade, selbstbewusste Reifenspuren zogen sich durch die Mitte des Beets.

Das war nicht irgendein Blumenbeet. Seine verstorbene Frau Helen hatte diese Tulpen vor fünfzehn Jahren gepflanzt.

Seit Helens Tod vor acht Jahren war die Stille im Haus fast greifbar geworden. Dieser Garten war zu seiner Erinnerung, seinem Ort geworden.

Doch alles änderte sich, als der alte Weg hinter dem Grundstück plötzlich in einer beliebten Fahrrad-App aufgenommen wurde. Der lange ungenutzte Weg erwachte zu neuem Leben. Zunächst störte es Clarence nicht. Doch der nahegelegene Radweg wurde gerade renoviert. Leuchtend orangefarbene Absperrungen tauchten auf, und ein Schild mit der Aufschrift „Vorübergehende Sperrung – Umleitung“ stand auf. Die Wegbeschreibung war jedoch unklar, und Radfahrer suchten nach einer Abkürzung. Sein Rasen wurde zu dieser Abkürzung.

Die Reifenspuren wurden tiefer. Die Leute fuhren nicht mehr um die Blumenbeete herum, sondern mitten hindurch.

Er stellte ein neues, größeres Schild auf: PRIVATGRUNDSTÜCK – BETRETEN VERBOTEN. Am Morgen hatte jemand das Seil durchgeschnitten und das Schild umgeworfen.

Clarence stand auf, ging in die Garage und schaltete das Licht an. Unter einigen alten Kisten stand ein Behälter mit der Aufschrift „BEWÄSSERUNG – HINTERHOF“. Darin befanden sich alte Sprinkler, Schläuche, Bewegungsmelder, Klammern und eine wetterfeste Zeitschaltuhr. Er wusste, wie man sie benutzte.

Hinter der Scheune befand sich ein kleiner Teich – früher ein Zierteich. Er war ungefiltert, aber das war Clarence egal. Er wollte keine Perfektion. Er wollte in Erinnerung bleiben.

Er schloss die Rohre an eine Pumpe an, die das Wasser direkt aus dem Teich förderte. Das System führte zum Rand des Mulchs, wo die Radfahrer am häufigsten fuhren.

Am anderen Ende installierte er einen Bewegungsmelder. Bei Auslösung schaltete sich ein am Rand des Blumenbeets versteckter Sprinkler für vier Sekunden ein.

Sicherheitshalber stellte er ein weiteres Schild auf, diesmal aus reflektierendem Kunststoff: „NASSBEREICH – WARTUNGSARBEITEN IM GANGE – VERKEHR FREIGEGEBEN“.

Am nächsten Morgen, im Morgengrauen, stand er auf und wartete.

Um 8:17 Uhr tauchte die erste Radfahrerin auf. Sie stürzte nicht, fuhr aber klatschnass davon und sah sich um, als würde sie ein Geist verfolgen.

Ein paar Minuten später kamen zwei weitere. Eine bekam einen Wasserstrahl direkt in die Brust, die andere in die Seite. Keiner blieb stehen, aber ihre Mienen verrieten deutlich, dass der Spaß vorbei war. Am nächsten Tag kam einer der Radfahrer zurück – und brachte die Polizei mit. Ein Auto mit zwei Beamten hielt an – einem älteren und ruhigen und einem jungen mit einem Tablet.

Der Radfahrer fing an zu schreien:

– Er hat Fallen! Wasser aus dem Teich! Es ist kalt und dreckig! Er überschüttet uns absichtlich mit Wasser!

Der junge Beamte ging um die Ecke, kam zurück und vergewisserte sich, dass alles in Ordnung war. Standardelemente und Warnschilder sind vorhanden. Keine Verstöße.

– Sie haben Privatgrundstück überquert. Dafür werden Sie bestraft. Herr Briggs hat jedes Recht zu klagen.

Am selben Abend veröffentlichte ein junger Mann namens Jordan ein Video mit dem Titel „Rentner überlistet Radfahrer mit Wasser“.

Das Video wurde viral – über Nacht 2 Millionen Mal angesehen.

Sie eröffneten eine GoFundMe-Sammlung: „Repariert den Radweg – lasst Clarences Garten in Ruhe.“ Innerhalb einer Woche sammelten sie 42.000 Dollar.

Zwei Wochen später war der Weg repariert und offizielle Schilder aufgestellt. Radfahrer betraten sein Grundstück nicht mehr. Clarence ging auf die Veranda, schenkte sich eine Tasse Tee ein und beobachtete, wie die erste Welle von Radfahrern den neuen Weg entlangfuhr und Helens Blumenbeete unberührt ließ.